Crowdfunding – Wenn Viele Ihr Start-Up finanzieren
So beliebt wie nie ist derzeit Crowdfunding in der Schweiz – allein im Jahr 2021 haben Finanzierungen und Spenden über das Internet um 31 Prozent zugenommen. Laut dem „Crowdfunding-Monitor 2022“ der Hochschule Luzern wurden insgesamt 792 Millionen Schweizer Franken in Crowdfunding-Projekte investiert. Statt um die Gunst klassischer Finanzakteure zu werben, können sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Schweiz direkt mithilfe von Privatpersonen finanzieren. Dabei ist Crowdfunding nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Unterstützer interessant. Diese hoffen oftmals auf lukrative Gegenleistungen, wie etwa eine Gewinnbeteiligung. So können Schweizer Start-ups die Aussicht auf zukünftige Gewinne nutzen, um mehr Investoren anzuziehen.
Definition Crowdfunding
Auf Deutsch heißt Crowdfunding so viel wie „Schwarmfinanzierung“. Bei dieser alternativen Finanzierungsmethode wird eine Vielzahl an Geldgebern einbezogen. In der Regel wird im Internet zur Spende oder Beteiligung aufgerufen. Dort stellen neben Unternehmen auch Künstler, Aktivisten oder Veranstalter ihre Projekte vor, informieren, welche Geldsumme sie dafür benötigen und zeigen welche Gegenleistung Investoren erwarten können. Aufmerksam auf ein Projekt werden potenzielle Unterstützer über soziale Medien, Blogs oder mediale Berichterstattung. Wird die angegebene Summe in einem bestimmten Zeitraum erreicht, fließt das Geld an die Initianten – nun kann die Idee umgesetzt werden.
Entwicklung von Crowdfunding
Die Grundidee des Crowdfunding – viele Menschen schließen sich zusammen, um gemeinsam ein Projekt zu finanzieren – gab es bereits in früheren Jahrhunderten. So wurde beispielsweise der Bau der Freiheitsstatue, beziehungsweise der Bau des Sockels, im Jahr 1885 durch einen Spendenaufruf ermöglicht. Als Gegenleistung wurden die 160.000 Spender namentlich in der Zeitung erwähnt. Erste Crowdfunding-Plattformen im Internet entstanden im englischsprachigen Raum um das Jahr 2000. Etwa zehn Jahre später brachte auch der deutschsprachige Raum erste Crowdfunding-Plattformen hervor. Die erste Schweizer Crowdfunding-Plattform wurde 2008 unter dem Namen Cashare geründet. Cashare legt den Fokus auf Crowdlending und ermöglicht Privatpersonen und KMU, Darlehen aufzunehmen oder als Anleger darin zu investieren. Seither wurden auf diesem digitalen Weg in der Schweiz rund drei Milliarden Franken vermittelt. Etwa 90.000 Bürger stellten 2015 über eine Crowdfunding-Plattform Geld als Spende oder Darlehen zur Verfügung.
- 2020: In diesem Jahr beläuft sich der Crowdfunding-Markt in der Schweiz auf 606,6 Millionen Schweizer Franken. Finanziert wurde dieses Volumen durch 270.000 Investoren. Im selben Jahr stellte der deutsche Autohersteller Sono Motors einen europäischen Crowdfunding-Rekord auf. Innerhalb von 50 Tagen sammelte das Unternehmen mehr als 50 Millionen Euro für die Produktion eines Elektroautos mit Solarzellen in der Karosserie.
- 2021: Im Vergleich zu 2020 wuchs der Crowdfunding-Markt in der Schweiz um 31 Prozent auf neu 791,8 Millionen Schweizer Franken. Hiervon flossen rund 800.000 Schweizer Franken in politische Crowdfunding-Kampagnen. Crowdfunding als "Finanzierung von unten", mit dem viele Kleinspenden generiert werden können, liege im Trend, erklären Autoren des „Crowdfunding-Monitors 2022“ der Hochschule Luzern.
- 2022: Der Rekord aus 2021 könnte 2022 noch übertroffen werden – die Studienautoren gehen davon aus, dass das Gesamtvolumen von Crowdfunding in der Schweiz auf über eine Milliarde Schweizer Franken wachsen wird.
Arten von Crowdfunding
Beim Crowdfunding wird zwischen vier Arten unterschieden: Crowddonating, Crowdsupporting, Crowdlending sowie Crowdinvesting. Im Wesentlichen unterscheiden sich die vier Arten in Bezug auf die Gegenleistung, die die Unterstützer erhalten.
Crowddonating
Beim Gedanken an Crowdfunding haben viele das Crowddonating im Kopf – bei dieser Form der Finanzierung geben Unterstützer Geld, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Somit handelt es sich meist um Spenden für soziale, karitative und kulturelle Projekte. Zudem zählt die Generierung von Mitteln im Rahmen von politischen Kampagnen als Crowddonating. Ein Beispiel für diese Art des Crowdfunding ist die Rettung des Rhinozeros in Südafrika: Über die Plattform Givengain konnte der World Wildlife Fund (WWF) mehr als 100.000 Schweizer Franken sammeln.
Crowdsupporting
Kreative oder kulturelle Projekte und Kampagnen werden oftmals durch Crowdsupporting finanziert. Denn statt einer finanziellen Gegenleistung erhalten die Unterstützer eine Gegenleistung – beispielsweise das finanzierte Produkt noch vor der offiziellen Einführung. Das kann zum Beispiel ein künstlerisches Werk, wie etwa ein Buch, oder eine Dienstleistung sein. Deshalb wird Crowdsupporting auch als "reward-based crowdfunding" bezeichnet. Über die größte Crowdsupporting-Plattform in der Schweiz, Wemakeit, konnte beispielsweise die Gestaltung eines Food-Trucks in der Romandie mit 25.000 Schweizer Franken unterstützt werden. Großzügige Spender konnten Spezialitäten des mobilen Cafés nach sich benennen lassen – ähnlich wie bei der Freiheitsstatue in den USA.
Crowdlending
Weniger altruistisch ist die Motivation meist bei der dritten Form des Crowdfunding – dem Crowdlending. Hierbei erwarten Investoren ihr verliehenes Geld zuzüglich Zinsen in Form einer angemessenen Entschädigung zurück. Die Höhe der Zinsen hängt vom Risiko des Kapitalnehmers ab. Anders als bei einem klassischen Kredit können Unternehmen so auf traditionelle Finanzintermediäre wie etwa Banken verzichten. Außerdem sind beim Crowdlending attraktivere Zinssätze und unkomplizierter Abläufe möglich. Deshalb ist dieses Modell besonders für Start-ups vorteilhaft.
Crowdinvesting
Vorrangig aus ökonomischem Kalkül entscheiden sich Unterstützer für das Crowdinvesting. Bei diesem Modell wird Geld in Unternehmen investiert, um im Gegenzug Mitbestimmungsrecht im entsprechenden Unternehmen oder eine Gewinnbeteiligung zu erhalten. Auf einigen Plattformen können Interessierte schon mit 100 Schweizer Franken in ein Unternehmen investieren. Um die Handlungsfreiheit der Führungsriege des Unternehmens weiterhin zu gewährleisten, ist die Entscheidungsbefugnis der Investoren jedoch meist begrenzt. Beim Crowdinvesting wird oftmals Eigen- oder Fremdkapital in Start-ups oder Immobilien investiert. Über Crowdinvesting wurde zum Beispiel die Finanzierung eines Wohnhauses im Wert von mehr als 10 Millionen Schweizer Franken im Kanton Zürich möglich. Über die Plattform Crowdhouse finanzierten 25 Miteigentümer jeweils mindestens 100.000 Schweizer Franken - die Rendite wird auf 5,5 Prozent pro Jahr geschätzt.
Die wichtigsten Crowdfunding-Plattformen für Start-ups in der Schweiz
Laut dem „Crowdfunding Monitor 2022“ waren Ende April 2022 in der Schweiz 37 Crowdfunding-Plattformen aktiv, wobei nur auf 28 Plattformen im Jahr 2021 tatsächlich Kampagnen finanziert wurden. Möglichkeiten, ein Start-up in der Schweiz zu finanzieren, gibt es also genügend. Im Folgenden sind einige für Start-ups besonders interessante Crowdfunding-Plattformen aufgelistet.
C-Crowd:
- richtet sich an innovative Start-ups
- bereits ab kleinen Beiträgen Mitbesitzer eines Unternehmens
- große Anzahl mittlerer und kleinerer Anleger
Cashare:
- erste Schweizer Crowdfunding-Plattform
- bringt Einzelunternehmen und KMUs mit Anlegern und Darlehensgebern zusammen
- finanziert auch kreative Projekte
Wemakeit:
- größte Schweizer Crowdfunding-Plattform
- 62 Prozent aller lancierten Projekte erreichen ihre Zielsumme
- Geld sammeln in Franken oder Euro
Lokalhelden:
- unterstützt gemeinnützigen oder non-kommerziellen Projektideen
- v.a. für sportliche, nachhaltige, soziale und kulturelle Projekte
- kann neben Geld auch Helfer und Materialspenden sammeln
Crowdify:
- keine Kategorie-Einschränkungen
- von Schweizer Newsletter-Verlag Ron Orp gegründet
- von Nennung im Newsletter profitieren
Swisspeers:
- bietet Direktinvestitionen in kleine und mittlere Konzerne
- ohne Zwischenschaltung eines Finanzinstituts Fremdkapital beschaffen
- Kreditbeurteilung erfolgt neutral und transparent
Funders:
- Fokus auf Crowdlending- sowie auch Crowdsupporting-Projekte
- richtet sich an Start-Ups, KMU, Vereine, Veranstalter und gemeinnützige Organisationen
- inkludierte Leistungen wie kostenlose Projektflyer
Creditworld
- für jede Art der KMU-Finanzierungen zwischen CHF 100'000 und 5'000’000
- professionelle Schweizer Investoren wie Pensionskassen, Family Offices, Vermögensverwalter etc.
- schnelle & transparente Kreditprüfung
FAQ
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