Eine Aktiengesellschaft (AG) ist eine Rechtsform, bei der sogenannte Aktionäre Kapital zur Verfügung stellen, damit ein Unternehmen aufgebaut, erweitert und umgewandelt werden kann. Im Gegenzug dafür erhalten die Geldgeber Aktien, die sie zu Miteigentümern des Unternehmens machen. Generiert das Unternehmen Gewinn, besteht die Möglichkeit, dass auch Aktionäre von diesem profitieren. Dabei gibt es allerdings eine Reihe von Bedingungen, die es zu beachten gibt, ehe es zur Gewinnausschüttung kommt. Diesen widmet sich dieser Artikel.
Anspruch auf Gewinnausschüttung
Art. 660 Abs. 1 des Schweizer Obligationsrechts (OR) besagt, dass Aktionäre ein Anrecht auf einen verhältnismässigen Teil des Gewinns haben. Dem überstellt ist allerdings der Gläubigerschutz beziehungsweise der Schutz des Eigenkapitals, welches den Gläubigern als Sicherheit dient. Gewinne können somit nicht vollumfänglich ausgeschüttet werden, solange keine entsprechenden Reserven vorliegen.
Gewinnverwendung
Der Beschluss, wie der Gewinnvortrag verwendet wird, beziehungsweise die Festsetzung von Dividenden obliegt unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aktiengesellschaft der Generalversammlung. Bevor wir uns die spezifischen Optionen für die Verwendung von Bilanzgewinnen ansehen, ist es wichtig zu wissen, dass es verschiedene Kategorien gibt, abhängig davon, ob der Gewinn im Unternehmen bleibt oder dieser ausgeschüttet wird. Generell stehen die folgenden Optionen für Bilanzgewinne zur Verfügung:
Verteilter Gewinn, der im Unternehmen bleibt
Verteilter Gewinn, der im Unternehmen bleibt, können zum Beispiel gesetzliche oder freiwillige Gewinnreserven sein.
Gesetzliche Gewinnreserven Das Gesetz verlangt, dass ein Teil des Gewinns nicht an Aktionäre ausgeschüttet werden darf, sondern in Form von gesetzlichen Gewinnreserven (ordentliche Gewinnreserven) zurückbehalten werden muss. Die Reduktion der flüssigen Mittel für die Dividendenausschüttung soll die Gesellschaft stärken. Ordentliche Gewinnreserven dürfen lediglich zur Deckung von Verlusten eingesetzt beziehungsweise dafür aufgelöst werden.
Freiwillige Gewinnreserven Die Aktiengesellschaft kann auf Basis von Art. 672 und 673 des Schweizer OR in den Statuten (Statuarische Zuweisung) oder durch einen Beschluss in der Generalversammlung (Freiwillige Reserven) festlegen, dass zusätzlich Gewinnreserven gebildet werden. Diese zusätzlichen freiwilligen Zuweisungen werden in der Schweiz nur selten gebildet. Ihr Ziel ist es, die Aktiengesellschaft auf wirtschaftlich instabile Zeiten vorzubereiten und sie davor zu schützen. Die Generalversammlung kann Freiwillige Reserven jederzeit auflösen.
Verteilter Gewinn, der aus dem Unternehmen fliesst
Verteilter Gewinn kann sein:
- Dividenden – Dividenden sind der Anteil des Unternehmensgewinnes, der an Teilhaber ausgezahlt wird. Von Superdividenden wird gesprochen, wenn die Dividendenzahlung 5% des eingezahlten Partizipations- und Aktienkapitals übersteigt.
- Tantiemen – Als Tantiemen werden ergebnisabhängige Vergütungen verstanden, die zumeist neben festen Kompensationen an Mitglieder des Verwaltungsrats gezahlt werden.
Ein Beispiel: Ein Aktionär erhält eine Dividende basierend auf seinem Anteil am Unternehmen, während ein Mitglied des Verwaltungsrats eine Tantieme für seine besonderen Leistungen im Unternehmen erhält.
Dividenden und Tantiemen dürfen erst dann ausgeschüttet werden, wenn alle Zuweisungen zu den gesetzlichen und freiwilligen Reserven erfolgt sind. Sowohl Dividenden als auch Tantiemen einer AG (bzw. auch einer GmbH) unterliege der Doppelbesteuerung. Somit bezahlen sowohl die juristischen (AG od. GmbH) als auch die Privatpersonen Steuern. Diese Steuer wird bei juristischen Personen Gewinnsteuer und bei Privatpersonen (resp. Inhaber) Einkommenssteuer genannt.
Nicht verteilter Gewinn
Beispiele für nicht verteilte Gewinne sind der Gewinnvortrag und Verlustvortrag.
- Gewinnvortrag – Der Gewinnvortrag bezeichnet die akkumulierten Gewinne der Vorjahre, welche nicht Reserven zugewiesen oder als Dividenden ausgeschüttet wurden. Bei einem Gewinnvortrag wird somit ein Teil des Gewinnes auf das nachfolgende Geschäftsjahr übertragen.
- Verlustvortrag – Im Gegensatz dazu werden bei einem Verlustvortrag die Verluste mit in der Zukunft erwarteten Gewinne verrechnet.
1. und 2. Zuweisung an die allgemeinen Reserven
1. Reservezuweisung in die gesetzliche Gewinnreserve (Art. 671 Abs. 1 OR)
Das Unternehmen ist verpflichtet, jährlich 5 % des Jahresgewinns für Gesetzliche Gewinnreserven zurückbehalten, bis 20 % des eingezahlten Partizipations- und Aktienkapitals gedeckt sind. Der Gewinnvortrag muss dabei nicht miteinbezogen werden, während ein Verlustvortrag im Vorfeld vom Jahresgewinn abgezogen werden kann.
2. Zuweisung in die gesetzliche Gewinnreserve (Art. 671 Abs. 2 Ziff. 3 OR)
Werden Dividenden (Superdividende) ausgeschüttet, die höher als die 5% Grunddividende sind, müssen auf den übersteigenden Dividendenanteil weitere Reservezuweisungen von 10 % erfolgen. Neben Superdividenden sind von dieser Pflicht auch Tantiemen und andere statuarisch vorgesehenen Gewinnbeteiligungen betroffen. Diese zweite Zuweisung in die allgemeinen Reserven hat so lange zu erfolgen, bis 50 % des (gesamten) Partizipations- und Aktienkapitals erreicht sind.
Gewinnverteilungsplan
Da gemäss Art. 671 OR festgelegt ist, dass gesetzliche und freiwillige Rückstellungen gebildet werden müssen (sofern Reservestände noch nicht erreicht sind), können Bilanzgewinne nicht vollständig ausgeschüttet werden. Ein ähnliches Verfahren findet auch bei der Budgetplanung Anwendung. Der sogenannte Gewinnverteilungsplan (auch Gewinnverwendungsrechnung, Gewinnverwendungsplan oder Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinnes genannt) zeigt, wie viel Geld für die Aufteilung zur Verfügung steht und wie dieses verteilt wird. Er gibt somit Aufschluss zu den folgenden Punkten:
- Höhe des Bilanzgewinns (entsprechend der Beschlussfassung der Generalversammlung)
- Anteil des Gewinns, der als Reserven im Unternehmen verbleibt
- Anteil des Gewinns, der ausgeschüttet wird
- Saldo, der in das neue Jahr vorgetragen wird
Erstellung eines Gewinnverwendungsplans
Um Gewinne optimal zu verteilen, können die folgenden Schritte abgearbeitet werden:
- Eruierung der zu verteilenden Summe (Addition der Gewinnvorträge beziehungsweise Verlustvorträge aus den Vorjahresbilanzen mit dem Gewinn des aktuellen Jahres)
- Bildung der gesetzlichen Reserven (abhängig davon, wie viele gesetzliche Reserven bereits vorliegen)
- Entscheidung über die Gewinnausschüttung in der Generalversammlung
- Zweite Zuweisung an allgemeine Reserven (abhängig von der Höhe der Dividenden und Tantiemen)
- Bildung Freiwilliger Reserven (sofern es die Statuten oder ein Beschluss so vorsehen)
- Neuer Gewinnvortrag / Verlustvortrag
Der Gewinnverwendungsplan bietet einen guten Überblick, weil er zeigt, wie viele liquide Mittel denn überhaupt für Ausschüttungen jeglicher Art zur Verfügung stehen.
Exkurs: Ausbezahlung von Dividenden
Art. 660 Abs. 1 OR legt für Aktiengesellschaften einen Grundsatz vor, nach welchem Aktionäre Anspruch auf die Auszahlung von Bilanzgewinnen haben. Diese werden in der Buchhaltung von Tochter- und Muttergesellschaften unterschiedlich verbucht. Grundsätzlich werden Dividenden pro Anteilsschein, also pro erworbene Aktie und somit investiertem Kapital, ausbezahlt. Der Anteil bemisst sich somit nach dem nominell einbezahlten Aktienkapital – sofern dies in den Statuten nicht anders vorgesehen ist.
Asymmetrische Dividenden
Ist dem nicht so und werden Dividenden abweichend der kapitalmässigen Beteiligungsquote ausgezahlt, ist die Rede von einer asymmetrischen Dividende. Eine solche würde zum Beispiel vorliegen, wenn 100 % einer beschlossenen Dividende an einen einzigen Aktionär ausbezahlt werden, obwohl dieser nicht 100 % der Aktien hält. Nicht überall in der Schweiz werden asymmetrische Dividenden gleich gerne gesehen.
Während manche Kantone diese nur zulassen, sofern sie in den Statuten verankert sind (z. B. Aargau, Zürich), akzeptieren andere Kantone (z. B. Nidwalden, Zug) diese auch ohne diese Voraussetzung.
Asymmetrische Dividenden werden aus steuerlicher Sicht oftmals kritisch betrachtet. Dabei stellt sich die Frage, warum die Gewinnausschüttung nicht proportional stattgefunden hat. Ein Beispiel für eine steuerliche Stolperfalle, die hierbei in der Praxis auftreten kann, ist die Umqualifizierung in Lohn.
Umqualifizierung in Lohn
Ist ein Aktionär zeitgleich auch Arbeitnehmer, kann eine asymmetrische Dividende als Lohn für Mehrleistung verstanden werden. Dieser Umstand wirft allerdings Fragen auf (z. B. Wurde aus betriebswirtschaftlicher Sicht bereits ein marktkonformer Lohn ausgezahlt?). Zudem gibt es einen steuerlichen Unterschied, ob Dividenden an Aktionäre (Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit) oder an Arbeitnehmer (Gewinnsteuermindernder Aufwand) ausbezahlt werden.